Mitten im Sturm der Weltwirtschaftskrise, 1929, lernte der Journalist und Geschäftsmann Bjarne Steinsvik in Oslo den Reeder Cornelius Bull kennen – die Geburtsstunde von Bulls. Bjarne, der im norwegischen Kabelvåg aufgewachsen war, war Pädagoge, Zeitungsreporter und vielbeachteter Erzähler mit Leib und Seele. Kabelvåg war um die Jahrhundertwende ein kultureller Schmelztiegel. In den dunklen arktischen Nächten wurden Geschichten und Nachrichten aus allen Ecken der Welt unter den Seeleuten, Fischern und Händlern herumgereicht, die sich zur jährlichen Kabeljau-Winterfischerei vor den Lofoten eingefunden hatten. Zurück in Oslo, entschied Bjarne, der auch Unternehmer und Abenteurer war, dass seine Zukunft in der Gründung eines Unternehmens lag, das wichtige Nachrichten und gute Geschichten in der ganzen Welt verbreitete sollte.

Der norwegische Reeder Cornelius Bull reiste rund um die Welt, um seine Geschäfte zu tätigen. In den 1920er-Jahren bemerkte er, dass praktisch alle Zeitungen in den Vereinigten Staaten Comics veröffentlichten. Sein Gedanke: Auch europäische Zeitungen sollten Nachrichten, Comics und Rätsel einkaufen, um ihre Leser und nicht zuletzt die Anzeigenkunden in einer Zeit des wirtschaftlichen Niedergangs zu halten. Bull nahm also Kontakt zu den besten kreativen Verlagshäusern und Studios in den Vereinigten Staaten auf. Er bekam grünes Licht, King Features Syndicate, Disney und das Ledger Syndicate des Hearst-Verlags zu vertreten, kehrte nach Europa zurück und gründete die Cornelius Bulls Presseagentur. Das Treffen mit Bjarne Steinsvik markierte den Beginn von Bulls.

Inzwischen ist die Firma ein internationaler Medienkonzern und wird heute von der dritten Generation Steinsviks mit demselben grundlegenden Anspruch geleitet wie im Jahre seiner Gründung 1929: die Verbreitung von World Class Content rund um den Globus. Und die von Bjarne und Cornelius festgelegten Grundprinzipien leben bis heute weiter. Mit unternehmerischem Mut, Ausdauer und Verlässlichkeit ist Bulls seit mehr als 90 Jahren unterwegs auf der Suche nach einzigartigen Inhalten und vermittelt diese an ihre Kunden. Bulls arbeitet noch immer mit vielen der Schöpfer und Agenturen zusammen, die damals tätig waren. Darunter unter anderem Hearst/King Features, Moomin Characters, Disney und MCT.

Es gehört zur DNA des Unternehmens, ein Gespür für die Befindlichkeiten und Bedürfnisse fremder Märkte zu entwickeln und Hand in Hand mit den Partnern vor Ort zusammenzuarbeiten. Auch ist es für Bulls selbstverständlich, sich immer wieder neu zu erfinden und rasch und flexibel auf technologischen Fortschritt, globale Konjunkturschwankungen oder geopolitische Veränderungen zu reagieren. In einer digitalen Welt, in der gute Geschichten und Inhalte wichtiger denn je sind, floriert das traditionsreiche Familienunternehmen. Auch und vor allem dank der qualifizierten Mitarbeiter, die dabei helfen, die Botschaft von Bulls weltweit zu verbreiten.


Die Anfänge von Bulls


Bereits im Oktober 1929 verließen Cornelius Bull und Bjarne Steinsvik Norwegen in Richtung Stockholm. Im Gepäck hatten sie ihre Familien und ihren Unternehmergeist. Stockholm war eine solide Basis, von der aus sie das internationale Geschäft aufbauen konnten. Zunächst ließen sie sich in der Nähe von Stockholm nieder und gründeten die Firma Bulls Presstjänst AB (Bulls Pressedienst). Im folgenden Jahr zog Bulls nach Stockholm um.

Nach Cornelius’ Tod 1931 übernahm seine Frau Laura Vilhelmina „Musse“ Bull gemeinsam mit Bjarne Steinsvik, der zuvor von Cornelius sorgfältig ausgebildet worden war, die Führung des Unternehmens. Vier Jahre später übernahm Bjarne die alleinige Geschäftsführung. Er verlegte den Firmensitz an einen Standort, der näher an den wichtigen Ereignissen der damaligen Zeit lag – direkt ins Regierungsviertel im Zentrum Stockholms.

Bjarne war das erste Mitglied der Steinsvik-Familie an der Spitze des Unternehmens. Er und seine Frau Margareta führten ein offenes Haus, das häufig und gern von Kulturschaffenden, Botschaftern und Geschäftsleuten frequentiert wurde. Bjarne war ständig unterwegs auf der Suche nach Medieninhalten verschiedenster Art, die alle eines gemeinsam hatten: ihre Einzigartigkeit. 1969 wurde er von seinem Sohn Hjalmar abgelöst. Hjalmar passte den Betrieb des Unternehmens behutsam an eine digitalere Welt an – Bulls ist von Anfang an vorderster Front des digitalen Wandels dabei. Heute wird das Familienunternehmen von den Geschwistern Margareta und Tord Steinsvik geführt, Hjalmar spielt weiterhin eine aktive Rolle als Vorstandsvorsitzender.

Bulls vertrieb Nachrichten und Beiträge sowohl in als auch aus den nordeuropäischen Ländern. Bereits in den 1930er-Jahren hatten Bjarne und seine Mitarbeiter den Finger am kulturellen und politischen Puls in Europa und den USA. So verfolgten sie aufmerksam die Bemühungen, das rätselhafte Verschwinden von Salomon August Andrées Polar-Expedition von 1897 zu erklären. Die Expedition war in einem Gasballon unterwegs gewesen, um die Arktis zu überqueren, war abgestürzt und dann spurlos verschwunden. Andrées Überreste und die seiner Begleiter Knut Frænkel und Nils Strindberg wurden 1930 von einer norwegischen Expedition auf Kvitøya, der „Weißen Insel“ gefunden. Bjarne erwarb die Exklusivrechte zur weltweiten Veröffentlichung der Geschichte und tat dies zusammen mit der schwedischen Tageszeitung Dagens Nyheter und King Features Syndicate in New York. Dieser Scoop brachte Bulls auf die internationale Landkarte.

Bulls Presstjänst AB vertrieb Zeitungsartikel und Karikaturen in gesamten nord- und mitteleuropäischen Raum. Bald errichtete die Firma Niederlassungen in Oslo, Warschau, Prag und Frankfurt. Auch ein Londoner Büro wurde eingerichtet und es gab eine rege Reisetätigkeit. Die Idee war, die europäischen Medienhäuser dabei zu unterstützen, zeitgemäße Zeitungen zu produzieren, die auch eine Rolle bei der Bildung und Erziehung der Bevölkerung spielen sollten – ein zu jener Zeit weit verbreiteter Anspruch. Die Zeitungen druckten neben der lokalen und nationalen Berichterstattung immer mehr internationale Nachrichten und Artikel voller Fakten und Bilder. Der Farbdruck war auf dem Vormarsch, es wurden Unterhaltungsmaterialien wie Comics und Kreuzworträtsel abgedruckt. Durch den Verkauf desselben Cartoons oder Features an Zeitungen in verschiedenen Gebieten konnte Bulls sicherstellen, dass selbst kleine Zeitungen europaweit Zugang zu hochklassigem Content hatten. Diese als Syndizierung bezeichnete Praxis ist nach wie vor eine tragende Säule des Unternehmens.

Bulls machte sich auf die Suche nach talentierten Cartoonisten, Comic-Künstlern und Verlagen, vor allem im Pionierland des Comics, den Vereinigten Staaten. In den ersten Jahrzehnten wurden wichtige Nachrichten noch per Telegramm übermittelt. Inhalte, die nicht unmittelbar veröffentlicht werden mussten, kamen in großen Kisten per Schiff aus den USA und wurden von Stockholm aus an die verschiedenen Zeitungen verteilt. Comics allerdings erforderten mehr Arbeit. Sie mussten übersetzt, von Hand gelettert und auf das Format und den Stil der jeweiligen Publikation angepasst werden.

Nur wenige Jahre nach der Gründung des Unternehmens war „© Bulls“ ein vertrauter Anblick geworden. Die Veröffentlichung einer ganzen Seite die ausschließlich mit Comics und Cartoons gefüllt war (1934 im schwedischen Aftonbladet) darf zurecht als Meilenstein betrachtet werden. Bjarne Steinsvik überzeugte den legendären und bis zu diesem Zeitpunkt eher skeptischen Herausgeber P.G. Petterson, sich auf Comics wie Little Annie Rooney, Just Kids, Blondie, Felix the Cat und Popeye zu konzentrieren. Die Seite erschien unter dem Banner „Die lustigen Seiten des Lebens“. 1933 lag die Auflage des Aftonbladet bei 10.000 Exemplaren. Ende 1934, dem Jahr, in dem die Comicseite lanciert wurde, war sie bereits auf 27.000 angestiegen. Ein Jahr später lag die Zahl bei 39.000. Die Zusammenarbeit zwischen Aftonbladet und Bulls hat sich über die Jahre immer weiter gefestigt und wurde immer stärker ausgebaut: Heute zeichnet Bulls für den gesamten Kreuzworträtsel-Content der Zeitungsgruppe verantwortlich. Neben den Inhalten in der Hauptzeitung produziert Bulls das beliebte Kreuzworträtselmagazin von Aftonbladet.

Langsam, aber stetig stieg der Anteil von Comics in der schwedischen Presse der 1930er-Jahre. Bjarne war fest davon überzeugt, dass Comics richtig vermarktet werden müssen, inklusive Werbung und PR-Input. Sein Argument: Zeitungen können ihre Auflage massiv steigern, indem sie Elemente aufnehmen, auf die sich die Leser jeden Tag freuen wie eben Comics und andere Features.

Cornelius Bulls Neffe Einar Wyller arbeitete nach dem Tod seines Onkels mit Bjarne zusammen. Er war es, der das Osloer und das Warschauer Büro gründete. Die polnische Niederlassung operierte bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkriegs 1939 – Einar Wyller war an Bord der letzten Maschine nach Schweden, bevor der Flughafen für den normalen Passagierverkehr geschlossen wurde.

In Oslo führte die deutsche Besatzungsmacht Beschränkungen für Importe aus den Vereinigten Staaten und den Alliierten ein, was auch die Verbreitung von Comics betraf, die Bulls an norwegische Zeitungen lieferte. Die bestanden hauptsächlich aus Abenteuer-Comicstrips, in denen die Helden oft gegen Schurken kämpften, die mehr oder weniger offen Hitler repräsentierten. Comicstrips wie Die Katzenjammer Kids durften weiterhin neues Material veröffentlichen, aber Abenteuercomics wie Tarzan, Flash Gordon, Secret Agent X-9 oder Tim und Spud wurden verboten. Prinz Eisenherz dürfte weiterhin veröffentlicht werden, allerdings unter dem Namen Valemon. Die größte norwegische Tageszeitung Aftenposten veröffentlichte weiterhin Das Phantom, was niemals erlaubt gewesen wäre, wenn Einar Wyller nicht eine kreative Lösung gefunden hätte: Er ließ die neuen Folgen vom Stockholmer Büro über Strömstad, dann mit norwegischen Fischerbooten nach Hvaler und von dort zu seinem Haus nach Norwegen schmuggeln. Dort bearbeitete Wyller die Comicstrips so, dass sie aussahen, als wären sie viele Jahre alt. Er entfernte zum Beispiel die Sprechblasen und fügte stattdessen unter jedem Rahmen die Texte ein. Auf diese Weise konnten während der gesamten Besatzungszeit neue Phantom-Folgen in Aftenposten erscheinen. Auch nach der Besatzungszeit wurde diese Praxis beibehalten – in den norwegischen Zeitungen erschien Das Phantom bis 1980 ohne Sprechblasen. Lee Falk, der Schöpfer des Phantoms, war von dieser Geschichte begeistert und kam in vielen Interviews immer wieder darauf zurück.


Während des Krieges


Das Aufkommen von Comics in Zeitungen Nordeuropas setzte sich bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs fort, der dem Wachstum ein jähes Ende setzte. Um weiterhin Material an die Zeitungen liefern zu können, sah man sich bei Bulls gezwungen, unorthodoxe Methoden anzuwenden. Durch Verhandlungsgeschick, Einfallsreichtum und ein gewisses Maß an Gerissenheit gelang es Bulls, seine Lieferungen während des Krieges aufrechtzuerhalten.

Da die Zeitungen gezwungen waren, Geld zu sparen, entschieden sich viele dafür, auch ihre Sonntagsausgaben komplett in Schwarzweiß zu drucken – mit dem Ergebnis, dass dieser Markt nach und nach von Wochenzeitungen übernommen wurde.

Während des Krieges lieferte Bulls den Tageszeitungen Nachrichten, was diese sehr zu schätzen wussten. Das Material stammte vom The American International News Service. Bulls hatte auch seinen eigenen Kriegskorrespondenten in Berlin, Bengt Landelius. Am Morgen des 6. Juni 1944 schickte er ein Telegramm aus Berlin, und sorgte damit dafür, dass Bulls und sein Zeitungskunde Stockholm-Tidningen die ersten waren, die von der bevorstehenden Landung der Alliierten erfuhren. Am selben Tag veröffentlichte die britische Zeitung Daily Express einen Nachdruck der Stockholmer Tageszeitung, die über eine Funkverbindung nach London weitergeleitet wurde – ein Scoop für alle Beteiligten.


Bulls wächst


Nach Kriegsende sank der unmittelbare Bedarf an internationalen Nachrichten, dafür stieg die Nachfrage nach Comics, Artikeln, Bildern und Features. Comic- und Cartoonseiten wurden zu einem gewohnten Anblick und zu einem wichtigen Bestandteil der Zeitungen Nordeuropas. Und die Leser hielten sich nicht mit Kritik zurück und beschwerten sich lautstark, wenn ein Redakteur es wagte, Änderungen vorzunehmen und etwa einzelne Serien zu ersetzen. Bulls expandierte und eröffnete 1948 das Frankfurter Büro, das die Vermarktung im deutschsprachigen Raum übernahm. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete der Bulls-Mitarbeiter Alvar Anderson noch unter dem Dach des im Park Hotel einquartierten amerikanischen Press Centers. 1952 folgte dann die Gründung der Bulls Pressedienst GmbH mit Sitz in Frankfurt am Main.

Bjarne Steinsvik, der ein tiefes Interesse an Literatur hegte, gründete den Verlag Steinsviks, der sich vornehmlich klassischer isländischer Volksmärchen und schwedischer Klassiker annahm. Nach dem Krieg sehnten sich die Leser nach Humor und leichter Unterhaltung. Der Markt für Comicbücher entstand und 1946 wurde Popeye als Schwedens erster Comic in Buchform veröffentlicht. So entstand bei Bulls ein weiteres Betätigungsfeld: der Verkauf von Abdruckrechten an Verlage für Buch- und Zeitschriftenveröffentlichungen. Zu Beginn der 1950er-Jahre wurden etliche Comic-Zeitschriften gegründet, die zum Teil heute noch existieren, darunter Fantomen mit seinem bekannten Phantom Club.

Zur gleichen Zeit begann Tove Jansson, die in den 1940er-Jahren ihre wunderbaren Mumin-Bücher veröffentlicht hatte, eine internationale Leserschaft zu gewinnen. Als die London Evening News – damals die größte Tageszeitung – 1954 den Mumin-Comicstrip ins Blatt nahmen, entschieden sich die Familien Jansson und Steinsvik zur Zusammenarbeit. Diese Entscheidung markierte den Beginn der Verbreitung der Mumins und der Werte, die sie repräsentieren, in der ganzen Welt.

Bulls begann schon früh, sich auf das Thema Licensing zu konzentrieren. Bei der Lizenzvergabe nutzt ein Unternehmen eine Marke oder Figur, um seine Produkte zu vermarkten. Als die Beliebtheit der Mumin-Figuren immer stärker wuchs, wandten sich die verschiedensten Unternehmen an Bulls, um die Rechte zu erwerben, ihre Produkte mit Mumin-Figuren zu schmücken. Heute generiert das Mumin-Phänomen weltweit rund 600 Millionen Euro. In Japan, Korea, China und dem Vereinigten Königreich sind die Mumins genauso beliebt wie im nordeuropäischen Raum. Das Lizenzgeschäft wuchs in den 1960er- und 1970er-Jahren auch für viele andere von Bulls vertretene Figuren. Neben den Mumins vermarktet Bulls Marken wie Die Schlümpfe, die Beatles und Liebe ist…

2016 gründeten Bulls, Mumin und einige andere Schlüsselfiguren R&B Licensing, um die nordischen Story- und Designrechte über Verlagsrechte in die Welt hinauszutragen.

Die Bulls-eigene Druckerei, heute Bulls Graphics, wurde 1959 in Halmstad gegründet, um Kunden direkt zu beliefern. Die Produktion der Vorlagen durchlief im Laufe der Zeit alle klassischen Entwicklungsstufen: von Druckplatten über analoge Proofverfahren bis hin zur digitalen Lieferung. Die Produktion ist heute zu 100 % digitalisiert. Bulls Graphics kümmert sich neben dem Druck auch um die Druckvorstufe.

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